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In einem typischen elektrochemischen Versuchsaufbau ist die Arbeitselektrode nicht direkt mit dem Erdpotential verbunden. Dies ermöglicht die Verwendung eines geerdeten Potentiostaten/Galvanostaten (PGSTAT) für elektrochemische Forschungsaufgaben. Es gibt jedoch Situationen, in denen Elektrochemiker mit geerdeten Arbeitselektroden arbeiten müssen (z. B. Pipelines, Bewehrungsstäbe in Beton usw.). Ebenso kann es vorkommen, dass man die Gegenelektrode oder den Zellkörper des elektrochemischen Aufbaus erden muss. In diesem Blogbeitrag werden die verschiedenen Erdungsvarianten vorgestellt und deren jeweiligen Anwendungen erörtert.

Definitionen: Geerdeter Modus (Non-Floating) und Floating-Modus

Je nach Grundzustand der analogen Elektronik eines elektrochemischen Messgerätes (in diesem Fall des PGSTAT) kann es entweder im «geerdeten» oder im «Floating» Modus arbeiten. Diese beiden Optionen ermöglichen den Forschern, eine sehr flexible Umsetzung  Ihrer Experimente. Bei einem geerdeten Gerät ist die analoge (oder Signal-) Elektronik mit dem Erdpotential verbunden. Bei einem Gerät im Floating-Modus ist die analoge Elektronik dagegen vom Erdpotential getrennt (d.h. floating).

“Masse” ist ein Ort (Bezugspunkt) mit einem stabilen Potentialwert, unabhängig von der ausgetauschten Ladungsmenge. Man spricht auch vom «Massepunkt». Das Potential der Masse ist mit einem Wert von 0 V definiert. Masse kann der Planet Erde selbst sein, wie es bspw. beim elektrischen Leitungsnetz in Gebäuden der Fall ist. Dabei wird eine direkte elektrische Verbindung mit der Erde über ein oder mehrere Metallbänder hergestellt, die in den Boden eingeführt werden, während sie gleichzeitig mit dem elektrischen Leitungsnetz des Gebäudes verbunden sind. Somit wird sichergestellt, dass das gesamte Gebäude geerdet ist.

Befindet sich die Elektronik im Floating-Modus, besteht keine direkte elektrische Verbindung zur Erde. 

Non-Floating und Floating-Modus im Vergleich 

Um zu erläutern, wie der geerdete Modus und der Floating-Modus in einem PGSTAT implementiert sind, ist es erforderlich, einen kurzen Blick auf die elektronische Funktionsweise eines PGSTAT zu werfen.

Die Elektronik jedes PGSTAT ist in zwei Teile unterteilt, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen: die Leistungselektronik und die analoge (oder Signal-) Elektronik. Sie sind über den Transformator miteinander verbunden, wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1 Schaltplan eines PGSTAT im geerdeten (Non-Floating) Modus. Bitte beachten Sie den EARTH-Anschluss (immer mit dem Metallgehäuse des Gerätes verbunden) und den Anschluss (connection) und Schalter (switch) für analoge Masse (AGND).

Die Leistungselektronik (Abbildung 1, rot) steuert den Strom aus dem Stromnetz, während die analoge Elektronik (Abbildung 1, blau) die von der elektrochemischen Zelle oder dem zu prüfenden Gerät (DUT) kommenden Signale verwaltet.

Die Leistungselektronik wird über drei Anschlüsse direkt an die Netzsteckdose angeschlossen. Zwei davon führen den Strom und die Spannung. Die Höhe der Spannung (230 V, 50 Hz oder 110 V, 60 Hz) wird durch die Potentialdifferenz zwischen dem stromführenden Leiter und dem Nullleiter bestimmt. Die dritte Leitung ist die Erdungsleitung, die das Metallgehäuse des Gerätes über den Erdungsanschluss mit dem Erdungspunkt des Stromnetzes verbindet. Aus Sicherheitsgründen ist diese direkte Verbindung zur Erde immer vorhanden und kann nicht entfernt werden.

Zwischen der Stromversorgung und der Analogelektronik befindet sich ein Transformator, der den Strom und die Spannung in geeignete Werte umwandelt, damit diese von der Analogelektronik verwendet werden können.

Die analoge Elektronik ist mit der elektrochemischen Zelle verbunden. Die Analogelektronik verfügt über mehrere Anschlüsse für die unterschiedlich benötigten Potential- und Stromwerte. Diese Anschlüsse sind paarweise angeordnet, um die Potentialdifferenz zwischen den zwei Leitungen in jedem Paar zu definieren. Die Analogelektronik verfügt über einen Massepunkt, der als analoge Masse (AGND) bezeichnet wird und auf den alle Potentiale bezogen sind. Zusätzlich verbindet der AGND-Schalter die Masse der analogen Elektronik mit dem Gehäuse des Messgerätes. Diese Verbindung kann unterbrochen werden, wodurch die Analogelektronik in den Floating-Modus gelangt und dabei Potentiale entstehen, die vom 0 V-Wert des Erdpotentials abweichen.

Wenn der PGSTAT im geerdeten (Non-Floating) Modus betrieben wird, ist die Masse der analogen Elektronik (analoge Masse, AGND) daher über das Gehäuse des Gerätes mit der Erde (EARTH) verbunden.

Wenn das Gerät jedoch im Floating-Modus betrieben wird, ist die analoge Masse (AGND) der Analogelektronik nicht mit dessen Gehäuse, sondern mit der Erde verbunden (Abbildung 2).

Abbildung 2 Die schematische Darstellung eines PGSTAT im Floating-Modus. Bitte beachten Sie, dass die analoge Masse (AGND) vom Gerätegehäuse getrennt ist.
VIONIC powered by INTELLO, dynamische Schnittstelle aktiv mit INTELLO
VIONIC powered by INTELLO.

Flexible Massepunkt: Arbeitselektrode, Gegenelektrode oder Zellkörper

Potentiostatische Schaltungen, die Operationsverstärker verwenden, werden routinemäßig eingesetzt, um ein Polarisationspotential an eine Elektrode (üblicherweise als "Arbeitselektrode" bezeichnet) in Bezug auf eine Bezugselektrode anzulegen. Auf diese Weise wird verhindert, dass Strom durch die Referenzelektrode fließt und diese dadurch polarisiert wird. Daher wird eine dritte Elektrode (d. h. die "Gegenelektrode") hinzugefügt, um den erforderlichen Stromfluss zu ermöglichen.

Geerdete potentiostatische Schaltungen können in drei verschiedenen Grundkonfigurationen existieren, nämlich mit: geerdeter Arbeitselektrode (GW), geerdeter Gegenelektrode (GC) oder geerdetem Zellkörper, je nachdem, welche Elektrode auf Erdpotential gehalten wird [1].

Im Prinzip kann der Strom an der Gegenelektrode oder an der Arbeitselektrode gemessen werden. Aus elektrischer Sicht sind die GW- und GC-Konfigurationen nahezu identisch.

Die Wahl der Elektrode, an der der Strom gemessen werden soll, hat jedoch Auswirkungen auf die Genauigkeit der Zelle, da die Impedanz des Strommesskreises zur Impedanz der Elektrode hinzukommt. In Anbetracht dieser Tatsache ist die GW-Konfiguration bei weitem die am häufigsten verwendete Konfiguration. 

VIONIC powered by INTELLO bietet die Möglichkeit, verschiedene Erdungs-Varianten je nach Experiment auszuwählen. Die verschiedenen Floating-Modi werden in der INTELLO-Software ausgewählt, wie in Abbildung 3 dargestellt. Es ist keine zusätzliche Hardware erforderlich, um das VIONIC von Non-Floating (Standard) auf Floating (geerdete Elektroden) umzustellen.

Abbildung 3 Floating-Modi, dargestellt in der INTELLO-Software
Rostende Schrauben auf einer Brücke

Anwendungsbeispiele für verschiedene Erdungsvarianten

WE geerdet:

  • Korrosion an Brücken, Gebäuden oder Pipelines, die mit der Erde verbunden sind

  • Wasserstoffpermeation in einer Devanathan-Stachurski-Zelle mit zwei unabhängigen Potentiostaten

  • In-situ-Elektronenmikroskopie, um geeignete Bilder und zuverlässige elektrochemischer Daten zu erhalten

Autoklav mit zahnärztlichen Instrumenten

CE geerdet:

  • Bioreaktoren, in denen erstmals zwei unabhängige PGSTATs eingesetzt wurden
  • Systeme mit mehreren Arbeitselektroden
  • Abgeschirmte Arbeitselektroden

 

Zellenkörper geerdet:

  • Autoklav – aus Sicherheitsgründen oder der gesamte Autoklav dient als Gegenelektrode für die elektrochemische Zelle [2]
  • Tribokorrosionsaufbau – Reibung wird auf eine Metallprobe ausgeübt, die am Zellkörper befestigt ist

Fazit

Die Möglichkeit, verschiedene Elektroden (z. B. die Gegenelektrode) zu erden, kann dem Anwender einige Vorteile gegenüber dem typischen Erden der Arbeitselektrode bieten. So kann die geerdete Gegenelektrode beispielsweise in nicht-konventionellen Systemen verwendet werden, in denen die Lösungen oder die Arbeitselektroden nicht elektrisch isoliert sind. Wie bspw. von Busoni et al., berichtet «sollte die geerdete Gegenelektroden-Konfiguration, obwohl sie in der Elektrochemie kaum bekannt ist und verwendet wird, gegenüber der geerdeten Arbeitselektroden-Konfiguration bevorzugt werden, wenn es um Kapazitätsmessungen geht"»[3].  

Die wählbare Floating-Funktion von VIONIC gibt dem Benutzer die Flexibilität, den Grundzustand des Zellaufbaus zu wählen, was noch größere experimentelle Möglichkeiten bietet. Das elektrochemische Experiment kann daher genau nach den erforderlichen Spezifikationen konfiguriert werden und ist nicht durch die Elektronik des PGSTAT begrenzt.

Referenzen

[1] Yarnitzky, C. N. Teil I. Entwurf und Bau eines Potentiostaten für einen chemischen Metallwandreaktor. Zeitschrift für elektroanalytische Chemie 2000, 491 (1), 160–165. DOI:10.1016/S0022-0728(00)00150-9

[2] Holm, T.; Dahlstrom, P. K.; Bürheim, O. S.; et al. Methode zur Untersuchung wässriger elektrochemischer Hochtemperatursysteme: Oxidation von Methanol und Glycerin. Electrochimica Acta 2016, 222, 1792–1799. DOI:10.1016/j.electacta.2016.11.130

[3] Busoni, L.; Carlà, M.; Lanzi, L. Ein Vergleich zwischen potentiostatischen Schaltungen mit geerdeter Arbeit oder Hilfselektrode. Überprüfung der wissenschaftlichen Instrumente 2002, 73 (4), 1921–1923. DOI:10.1063/1.1463715

(Un-)Geerdet: Geerdete Messungen sowie Messungen im Floating-Modus und ihre Anwendung in der elektrochemischen Forschung

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In diesem White Paper werden Details zur Erdung der Messelektronik (PGSTAT) und elektrochemischer Zellen vorgestellt. Es wird anhand von verschiedenen Anwendungen und Versuchsbeispielen erklärt, wann die Notwendigkeit zur Verwendung eines PGSTAT im Floating-Modus besteht. Aufgrund der großen Vielfalt an experimentellen Anforderungen und Arten elektrochemischer Zellen wird die Verwendung eines elektrochemischen Gerätes mit einer wählbaren Floating-Funktion (wie bei VIONIC) empfohlen. Der Anwender profitiert durch diese zusätzliche Einstellmöglichkeit und den damit verbundenen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten.

Autor
van Dijk

Martijn van Dijk

Area Manager Electrochemistry
Metrohm Autolab, Utrecht, The Netherlands

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